Der zündelnde 12jährige, die Gartenhütte und die Haftpflichtversicherung

Eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles setzt voraus, dass sich der Vorsatz des Versicherungsnehmers, bzw. des Versicherten, nicht nur auf die schadenursächliche Handlung (Anzünden von Pappbechern und eines Pullovers) bezieht, sondern auch auf den eingetretenen Schaden (hier: Abbrennen einer Gartenhütte). Bei einem 12-jährigen Jungen, der „mit dem Feuer spielt“, kann nicht ohne weiteres von der objektiv erkennbaren Gefährlichkeit seines Tuns auf einen bedingten Schädigungsvorsatz (Abbrennen der Gartenhütte) geschlossen werden.

Die Haftpflichtversicherung kann sich in diesem Fall nicht auf Leistungsfreiheit gemäß § 103 VVG (Herbeiführung des Versicherungsfalles) berufen. Nach dieser Vorschrift ist der Versicherer in der Haftpflichtversicherung nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der bei dem Dritten eingetretene Schaden vorsätzlich herbeigeführt wurde. Dabei schadet nicht nur der Vorsatz des Versicherungsnehmers, sondern auch der Vorsatz der versicherten Person1. Die Versicherungsgesellschaft wäre mithin nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der 12jährige Sohn des Versicherungsnehmers die Brandschäden vorsätzlich verursacht hätte. Ein vorsätzliches Handeln des versicherten Kindes lässt sich i vorliegenden Fall jedoch nicht feststellen.

Die Beweislast für ein vorsätzliches Handeln des Kindes liegt im Rahmen von § 103 VVG beim Versicherer. Der Vorsatz muss sich dabei nicht nur auf die unmittelbare Handlung (Inbrandsetzen bestimmter Gegenstände wie Pullover oder Pappbecher) beziehen, sondern auf den eingetretenen Schaden, also das Abbrennen von zwei Gartenhütten2. Es reicht nicht aus, wenn ein Vorsatz möglich erscheint. Entscheidend ist, dass ein Vorsatz jedenfalls, wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat, nicht nachweisbar ist.

Vorliegend bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Sohn und sein Spielkamerad die beiden Hütten zielgerichtet abbrennen wollten. Vielmehr stand für die beiden Kinder im Vordergrund ein „Spiel mit Feuer“. Dies ergibt sich aus den verschiedenen „Versuchen“, welche die Kinder mit dem Anzünden von Grillanzündern, Pappbechern und einem Pullover angestellt haben. Allerdings weist die Versicherungsgesellschaft im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass diese Vorstellungen einem vorsätzlichen Handeln des Sohnes dann nicht entgegenstehen würden, wenn er gleichzeitig eine Inbrandsetzung der Hütten für möglich gehalten hätte, und diese Schadensfolge auch billigend in Kauf genommen hätte. Auch ein solcher bedingter Vorsatz ist jedoch nicht nachgewiesen.

Aus dem Umstand, dass der Sohn Benzin bei der Hütte des Geschädigten angezündet hat, ergibt sich kein zwingender Schluss auf einen Vorsatz. Zum einen wurde das Benzin außerhalb der Hütte angezündet und nicht innerhalb der Hütte. Die beiden Kinder haben sich zum anderen sowohl bei dem Umgang mit dem Benzin als auch beim Entzünden der Gase aus der Spraydose objektiv einer sehr hohen Eigengefährdung ausgesetzt. Dies spricht dafür, dass sich die Kinder der Eigengefährdung, d. h. der möglichen Folgen beim Anzünden von Benzin, nicht bewusst waren. Dies lässt es zumindest nicht fernliegend erscheinen, dass der Sohn sich bei dem Geschehen auch nicht bewusst war, welche Folgen das Anzünden von Benzin vor der Hütte für eine eventuelle Inbrandsetzung der Hütte haben konnte.

Der Sohn und sein Freund haben vorsätzlich verschiedene Gegenstände angezündet bzw. angekohlt (Feueranzünder, Gase aus der Spraydose, Pullover, Pappbecher und Benzin). Aus einem Vorsatz bezüglich dieser einzelnen Gegenstände folgt jedoch kein Vorsatz im Hinblick auf ein Inbrandsetzen der beiden Gartenhütten.

Bereits aus grundsätzlichen Erwägungen Zurückhaltung ist geboten, wenn es um die Frage geht, welche Vorstellungen Kinder beim Umgang mit Feuer haben, und ob bezüglich eines bestimmten Geschehens Vorsatz anzunehmen ist. Ein vernünftiger erwachsener Mensch wird aus einem objektiv gefährlichen Geschehen vielfach den Schluss ziehen, dass die Realisierung einer bestimmten Gefahr (Inbrandsetzung der gesamten Hütte) möglich ist. Bei einem 12-jährigen Kind, das aus seiner Sicht mit dem Feuer „spielt“, sind solche Schlussfolgerungen hingegen in der Regel nicht ohne Weiteres möglich3. Entsprechendes gilt für einen Schluss auf einen bedingten Schädigungswillen (Billigendes Inkaufnehmen des Abbrennens der gesamten Gartenhütte). Auch ein solcher bedingter Wille eines Kindes ist beim „Spiel mit dem Feuer“ nicht ohne Weiteres anzunehmen.4 Gegen einen bedingten Schädigungswillen der Kinder spricht insbesondere der Umstand, dass sie bei der Hütte des Geschädigten einen erfolglosen Versuch unternommen haben, das Feuer zu löschen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 13. Dezember 2013 – 9 U 27/13

  1. vgl. Prölss/Martin/Lücke, VVG, 28. Auflage 2010, § 103 VVG, RdNr. 2[]
  2. vgl. zur Beweislast Prölss/Martin/Lücke, § 103 VVG, RdNr. 4 ff.[]
  3. ebenso in ähnlichen Fällen BGH, NJW 1983, 1739, 1740 und OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.2002 – 4 U 107/02, zitiert nach Juris[]
  4. Vgl. BGH a. a. O.; ebenso für den Willen eines Kindes, das durch das Betätigen eines Feuerlöschers einen erheblichen Verschmutzungsschaden auslöst OLG Koblenz, NJW-RR 2008, 45.[]