Die Zerstörung in der Kasko-Versicherung

Der Begriff der Zerstörung erfasst in der GAP-Deckung auch einen hinter dem Totalschaden zurückbleibenden besseren Fahrzeugzustand. Eine Zerstörung liegt auch dann vor, wenn die Reparaturkosten den um den Restwert geminderten Wiederbeschaffungswert übersteigen.

Der Begriff des Totalschadens ist in Ziffer A.2.6 Nr. 4 AKB ausdrücklich definiert durch die Differenz von Reparaturkosten und Wiederbeschaffungswert, nicht aber durch die Differenz von Reparaturkosten und Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert. Das folgt bereits eindeutig aus der nachfolgenden Definition des Wiederbeschaffungswertes, wonach der Restwert des Fahrzeugs keine Berücksichtigung findet1.

Die Bestimmung in Ziffer A.5.5 AKB stellt hingegen keine gesonderte Definition des Totalschadensbegriffs dar. Es handelt sich vielmehr um eine zusätzliche Voraussetzung im Hinblick auf die GAP-Deckung, die in allen Haftungskonstellationen (also auch Zerstörung und Verlust) erfüllt sein muss. An der zunächst einmal erforderlichen Notwendigkeit eines Totalschadens im Sinne von Ziffer A.2.6 AKB ändert das aber nichts.

Unter einer Zerstörung wird dagegen üblicherweise ein Sonderfall der Beschädigung verstanden. Eine Zerstörung liegt grundsätzlich vor, wenn der Grad der Beschädigung eine Wiederherstellung oder Wiederbenutzung des Fahrzeugs endgültig ausschließt. Entscheidend ist dabei nicht die Unwirtschaftlichkeit der Reparatur (die vom Begriff des Totalschadens abgedeckt wird), sondern vielmehr deren Unmöglichkeit2. Aufgrund ständig fortschreitender Reparaturmöglichkeiten liegt eine Zerstörung praktisch nur noch bei einer vollständigen Vernichtung vor3.

Allerdings kann der Begriff der Zerstörung allerdings auch hiervon abweichend definiert werden. So heißt es bei der Bestimmung der Leistungspflichten im Rahmen der GAP-Deckung in Ziffer A.5.5 AKB: „Wir ersetzen im Falle des Totalschadens, der Zerstörung oder des Verlustes des Fahrzeugs … die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem sich aus dem Leasingvertrag errechnenden Leasing-Restbetrag am Schadenstag, soweit der Leasinggeber eine entsprechende Nachforderung schriftlich geltend macht… Weitere Voraussetzung ist, dass die erforderlichen Reparaturkosten den um den Veräußerungswert des Fahrzeugs verminderten Wiederbeschaffungswert übersteigen und das Fahrzeug nicht repariert wird.“

Diese zusätzliche Voraussetzung ist zumindest missverständlich. Den Fall eines Totalschadens im Sinne von Ziffer A.2.6 Nr. 4 AKB kann diese Voraussetzung nicht betreffen, denn dieser liegt bereits dann vor, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen. Im Fall eines Totalschadens im Sinne von Ziffer A.2.6 AKB ist die vorstehend zitierte Voraussetzung dementsprechend automatisch immer gegeben, denn wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, ist das erst recht der Fall, wenn der Wiederbeschaffungswert zusätzlich um den Restwert reduziert wird.

Den Fall des Verlustes kann diese Voraussetzung ebenfalls nicht betreffen, denn in dieser Konstellation gibt es weder Reparaturkosten, noch gibt es einen Veräußerungswert.

Die Voraussetzung kann somit grundsätzlich nur noch in der dritten Variante und damit im Fall der Zerstörung zum Tragen kommen. Wenn das so ist, muss die Zerstörung im Sinne der Versicherungsbedingungen für die GAP-Deckung aber einen hinter dem Totalschaden zurückbleibenden (besseren) Fahrzeugzustand beschreiben. Welcher Zustand das ist, bleibt zwar offen. Jedenfalls liegt ein Fall der Zerstörung aber vor, wenn die Reparaturkosten den um den Veräußerungswert (Restwert) reduzierten Wiederbeschaffungswert übersteigen. Hierfür spricht auch die Formulierung in Ziffer A.2.6 Nr. 1 AKB. Danach gilt Ziffer A.2.7.1 AKB, wenn der Versicherungsnehmer (oder der Versicherte) sein Fahrzeug trotz Totalschadens oder Zerstörung reparieren lässt. Weil nach herkömmlichem Verständnis unter einer Zerstörung aber die Unmöglichkeit der Reparatur verstanden wird, geht die Versicherung offensichtlich ihrerseits von einer anderen Begriffsdefinition aus.

Vor diesem Hintergrund greift die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB. Danach sind Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an4. Es ist nicht maßgeblich, was sich der Verwender der Bedingungen bei ihrer Abfassung vorgestellt hat. Die Entstehungsgeschichte der Bedingungen, die der Versicherungsnehmer typischerweise nicht kennt, hat bei der Auslegung außer Betracht zu bleiben5.

Für den vorliegenden Fall hat das zur Folge, dass der Begriff der Zerstörung in der GAP-Deckung einen hinter dem Totalschaden zurückbleibenden besseren Fahrzeugzustand erfasst. Eine Zerstörung liegt danach auch dann vor, wenn die Reparaturkosten den um den Restwert geminderten Wiederbeschaffungswert übersteigen.

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 7. August 2014 – 8 U 94/14

  1. vgl. Meinecke in: Stiefel/Maier, AKB, 18. Aufl., A.2.6 AKB, Rn. 12[]
  2. vgl. Stadler in: Stiefel/Maier, AKB, 18. Aufl., Ziffer A.02.2., Rn. 4; Stomper in: Halm/Kreuter, Schwab, AKB, Rn. 392; OLG Karlsruhe VersR 1993, 1144[]
  3. vgl. Stadler, a. a. O.[]
  4. vgl. BGH VersR 2003, 1163; BGH, BGHZ 123, 83[]
  5. vgl. BGH VersR 2000, 1090[]