Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Versicherer beim Versicherungsnehmer nachfragen, wenn dieser bei Antragstellung ersichtlich unvollständige oder unklare Angaben macht. Denn die dem Versicherer obliegende ordnungsgemäße Risikoprüfung, die die Schaffung klarer Verhältnisse in Bezug auf den Versicherungsvertrag schon vor Vertragsschluss gewährleisten soll und deshalb nicht auf die Zeit nach Eintritt des Versicherungsfalls verschoben werden darf, kann aufgrund unvollständiger und unklarer Angaben nicht erfolgen. Dies gilt auch für den Direktversicherer. Es ist Angelegenheit des Versicherers, wie er sich organisiert und seine Strukturen hinsichtlich des Vertriebs gestaltet. Von der Pflicht zur sorgfältigen Risikoprüfung kann er sich durch organisatorische Maßnahmen nicht entbinden. Unterlässt der Versicherer eine ihm nach den vorgenannten Grundsätzen obliegende Rückfrage und sieht er insoweit von einer ordnungsgemäßen Risikoprüfung ab, so ist es ihm im Weiteren nach Treu und Glauben verwehrt, gestützt auf die Unvollständigkeit der Angaben des Versicherungsnehmers wirksam vom Versicherungsvertrag zurückzutreten1.
Die Nachfrageobliegenheit, deren Verletzung dem Versicherer die Berufung auf ein Anzeigepflichtverletzung versagt, gilt mithin auch für Direktversicherer.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 30. Juni 2009 – 12 U 6/09
- BGH VersR 1993, 871; BGHZ 117, 385; NJW-RR 2008, 979[↩]