Die Kfz-Haftpflicht des Selbstmörders

Die Haftpflichtversicherung eines Kraftfahrers tritt nicht ein für vorsätzlich herbeigeführte Schäden. Das gilt auch dann, wenn jemand in Suizidabsicht mit einem entgegenkommenden Fahrzeug einen Unfall herbeiführt. Wird später festgestellt, dass der Todesfahrer die Schädigung des entgegenkommenden Fahrers zumindest billigend in Kauf genommen hat, entfällt der Versicherungsschutz und damit ein Anspruch auf Schadensersatz.

In dem vom Oberlandesgericht Oldenburg entschiedenen Rechtsstreit kam einem LKW-Fahrer im Frühjahr 2008 morgens bei nebeliger Sicht auf einer Landstraße ein Sattelschlepper auf der Gegenfahrbahn entgegen. Plötzlich scherte ein PKW hinter dem Sattelschlepper auf die Fahrbahn des LKW aus und prallte frontal gegen den LKW. Der PKW-Fahrer war sofort tot, während am LKW erheblichen Sachschaden entstanden war. Die späteren Ermittlungen hatten ergeben, dass der Todesfahrer zuvor seine Freundin getötet und sein Haus angezündet hatte. Aufgrund einer sofortigen Fahndung der Polizei verfolgte eine Funkstreife den mit seinem PKW flüchtenden Täter. Die spätere Beweisaufnahme vor dem Landgericht Aurich kam zu dem Ergebnis, dass der Unfall nicht Folge der Flucht vor der Polizei war. Der Täter habe den Unfall in Suizidabsicht herbeigeführt und dabei die Folgen des Unfalls für den ihm entgegenkommenden LKW-Fahrer billigend in Kauf genommen habe. Dadurch entfällt nach geltendem Versicherungsrecht jedoch ein Anspruch des Geschädigten gegen die Haftpflichtversicherung des Täters.

Nach § 152 VVG a.F. haftet der Versicherer nicht, wenn der Versicherungsnehmer den Eintritt der Tatsache, für die er dem Dritten verantwortlich ist, vorsätzlich widerrechtlich herbeigeführt hat. In einem solchen Fall ist der Versicherungsschutz auch im Außenverhältnis zum Geschädigten von vornherein ausgeschlossen. Denn da der Direktanspruch eines im Straßenverkehr durch ein Kraftfahrzeug Geschädigten gegen die Haftpflichtversicherung des Gegners nach § 3 Nr. 1 Pflichtversicherungsgesetz voraussetzt, dass dieser seinerseits einen Anspruch auf Haftpflichtleistungen gegen seine eigene Versicherung hat, entfällt konsequenterweise der Direktanspruch, wenn diese im Verhältnis zum Versicherungsnehmer gemäß § 152 VVG a.F. nicht haftet, weil der Versicherungsnehmer den Verkehrsunfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Vorsatz im Sinne dieser Vorschrift ist derjenige des allgemeinen Zivilrechts, also Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges. es genügt, wenn der Handelnde den als möglich erkannten Erfolg billigend in Kauf nimmt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich die Haftung auch nicht aus § 158 c Abs. 1 VVG. Denn für den Bereich der KraftfahrzeugPflichtversicherung sind § 158 c Abs. 1 und 2 VVG durch § 3 Nr. 4 und 5 PflVG ersetzt mit der Folge, dass nach § 3 Nr. 6 S. 1 PflVG § 158 c Abs. 3 VVG sinngemäß gilt. Gemäß § 158 c Abs. 3 VVG haftet der Versicherer aber nur im Rahmen der von ihm übernommenen Gefahr – und also nicht für eine vorsätzliche und rechtswidrige Schadenszufügung seines Versicherungsnehmers.

Gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts hatte der Geschädigte Berufung vor dem Oberlandesgericht Oldenburg eingelegt. Auf einen entsprechenden Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg nahm der Geschädigte die Berufung mangels Erfolgsaussichten zurück. Dem geschädigten LKW-Fahrer bleibt nur die Möglichkeit, wenigstens einen Teil seines Schadens aus dem Entschädigungsfonds nach § 12 PflVG ersetzt zu erhalten.

Landgericht Aurich, Urteil – 2 O 884/08
Oberlandesgericht Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 5. August 2009 – 6 U 143/09