Die nichtige Vermittlungsgebührenvereinbarung

Nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Bundesgerichtshofs bestehen gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung einer unmittelbar vom Kunden an den Versicherungsmakler (§ 93 HGB) zu zahlenden Provision bei der Vermittlung eines Lebensversicherungsvertrags mit Nettopolice, wie sie auch hier abgeschlossen worden ist, weder im Hinblick auf § 134 BGB (gesetzliches Verbot) noch im Rahmen einer Kontrolle gemäß §§ 305c, 307 BGB durchgreifende Bedenken1.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann § 654 BGB zwar auch dann anwendbar sein, wenn der Makler nicht vertragswidrig für den anderen Teil tätig geworden ist, er aber sonst unter Verletzung wesentlicher Vertragspflichten den Interessen seines Auftraggebers in erheblicher Weise zuwidergehandelt hat. Die Verwirkung des Maklerlohnanspruchs hat jedoch Strafcharakter. Nicht jede objektiv erhebliche Pflichtverletzung des Maklers und damit auch nicht jedes Informations- und Beratungsverschulden lässt deshalb den Provisionsanspruch nach § 654 BGB entfallen, vielmehr ist in erster Linie subjektiv eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung zu fordern; der Makler muss sich seines Lohnes „unwürdig“ erwiesen haben. Das ist erst dann der Fall, wenn er seine Treuepflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt hat2.

Hiervon ausgehend hat der Bundesgerichtshof im hier entschiedenen Fall eine Verwirkung des Provisionsanspruchs abgelehnt: Die weit gespannten Betreuungs- und Beratungspflichten des Versicherungsmaklers betreffen das von ihm zu vermittelnde Versicherungsverhältnis, nicht hingegen den Abschluss des vorgelagerten Maklervertrags, bei dem sich der Versicherungsmakler und sein Kunde wie bei anderen Verträgen mit entgegengesetzten Interessen selbständig gegenüberstehen3. Den auf die körperliche Verbindung der Vermittlungsgebührenvereinbarung mit dem Versicherungsantrag gestützten Eindruck, der Kunde schließe einen „verbundenen Vertrag“ mit einem „gemeinsamen Schicksal“, verneint der Bundesgerichtshof unter Hinweis auf den Inhalt und die Gestaltung der Vereinbarung.

Soweit die Auffassung vertreten wird, bei der Prüfung einer Verwirkung des Provisionsanspruchs des Versicherungsmaklers nach § 654 BGB sei der in § 655b BGB enthaltene Rechtsgedanke zu beachten, verkennt diese Ansicht, dass spezielle Regelungen über die Vermittlung von Verbraucherdarlehensverträgen grundsätzlich nicht – auch nicht ihrem Rechtsgedanken nach – auf die Vermittlung von Versicherungsverträgen übertragbar sind und dass die oben genannten strengen Voraussetzungen für eine Verwirkung nach § 654 BGB unter diesem Gesichtspunkt ohnehin nicht erfüllt wären.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Oktober 2012 – III ZR 106/11

Bundesgerichtshof,

  1. siehe BGH, Urteile vom 20.01.2005 – III ZR 251/04, BGHZ 162, 67, 73 ff; vom 20.01.2005 – III ZR 207/04, VersR 2005, 404, 405; vom 19.05.2005 – III ZR 322/04, NJW-RR 2005, 1423, 1424; vom 19.05.2005 – III ZR 309/04, NJW-RR 2005, 1425 und vom 14.06.2007 – III ZR 269/06, NJW-RR 2007, 1503, 1504 Rn. 7[]
  2. siehe BGH, Urteil vom 19.05.2005 – III ZR 322/04 aaO mwN[]
  3. siehe BGH, Urteil vom 14.06.2007 aaO Rn. 11[]