Bei Klagen gegen das eigene Versicherungsunternehmen besteht der Gerichtsstand des Wohnortes des Versicherungsnehmers bei Altverträgen, die vor dem 2008 abgeschlossen wurden, nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf erst für Versicherungsfälle, die ab dem 1. Januar 2009 eingetreten sind.
Bis zum Jahr 2007 konnte ein Versicherungsnehmer seine Versicherung nur am Sitz des Versicherungsunternehmens oder der Versicherungsagentur verklagen. Das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Versicherungsvertragsgesetz hat für Klagen aus Versicherungsverträgen einen weiteren Gerichtsstand am Wohnsitz des Versicherungsnehmers eingeführt (§ 215 VVG).
Aufgrund der Überleitungsvorschrift des Art. 1 Abs. 2 EGVVG soll dieser neue Gerichtssstand des Wohnortes des Versicherungsnehmers für Klagen aus Versicherungsverträgen, die bis zum 31. Dezember 2007 geschlossen worden sind aber nur für Versicherungsfällle ab 2009 gelten. Ist bei diesen Altverträgen bis zum 31. Dezember 2008 eingetreten, soll es hiernach, so das Oberlandesgericht Düsseldorf, bei der bisherigen Regelung bleiben, so dass hierfür ein Gerichtsstand nur am Sitz des Versicherungsunternehmens oder der Versicherungsagentur besteht.
Endgültig beantwortet ist die Frage, inwieweit bei „Altverträgen“ am Gerichtsstand des Versicherungsnehmers geklagt werden kann, mit dem Düsseldorfer Urteil aber noch nicht. Denn diese Frage ist in der Rechtsprechung und der juristischen Literatur umstritten:
- Neben dem Oberlandesgericht Düsseldorf haben auch die Oberlandesgerichte Hamm1 und Naumburg2 den Gerichtsstand des Wohnortes des Versicherungsnehmers nur für ab dem 1. Januar 2009 eingetretene Versicherungsfälle bejaht3.
- Dagegen bejahen die Oberlandesgerichte Saarbrücken4 und Frankfurt5 den Gerichtsstand des Wohnsitzes des Versicherungsnehmers für alle Versicherungsfälle ab dem Inkrafttreten des neuen Versicherungsvertragsgesetzes, also bereits ab dem 1. Januar 20086.
- Die Oberlandesgerichte Stuttgart7, Hamburg8, Köln9 und Dresden10 halten dagegen Klagen am Gerichtsstand des Wohnsitzes des Versicherungsnehmers immer dann für zulässig, wenn die Klagen ab dem 01.01.2009 eingereicht werden, und zwar unabhängig davon, wann der Versicherungsfall eingetreten ist11.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte wegen dieser Frage zwar die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, allerdings wurde diese nicht eingelegt, so dass das Düsseldorfer Urteil rechtskräftig wurde.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 18. Juni 2010 – I-4 U 162/09
- OLG Hamm, Beschluss vom 08.05.2009 – 20 W 4/09, NJW-RR 2010, 105; Urteil vom 20.05.2009 – 20 U 110/08, VersR 2009, 1345[↩]
- OLG Naumburg, Beschluss vom 15.10.2009 – 4 W 35/09, VersR 2010, 374[↩]
- so auch Klär, in: Schwintowski/Brömmelmeyer, VVG, 2008, § 215 Rdnr. 16; Abel/Winkens, Anmerkung r+s 2010, 143[↩]
- OLG Saarbrücken, Beschluss vom 23.09.2008 – 5 W 220/08, VersR 2008, 1337[↩]
- OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.04.2009 – 3 W 20/09[↩]
- vgl. auch Schneider, VersR 2008, 859; ähnlich auch Fricke VersR 2009, 15, 20[↩]
- OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.06.2008 – 7 AR 5/08, r+s 2009, 102[↩]
- OLG Hamburg, Entscheidung vom 30.03.2009 – 9 W 23/09, VersR 2009, 531[↩]
- OLG Köln, Beschluss vom 09.06.2009 – I-9 W 36/09, VersR 2009, 1347[↩]
- OLG Dresden, Beschluss vom 10.11.2009 – 3 AR 81/09[↩]
- so auch Muschner, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 2009, § 215 Rdnr. 8[↩]