Die Kfz-Haftpflichtversicherung sichert Sie gegen Schadensersatzansprüche ab, die Dritten gegen Sie als Halter oder Fahrer eines Kraftfahrzeugs durch den Betrieb dieses Autos oder Motorrads im Straßenverkehr entstehen.
Innerhalb der Europäischen Union ist das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsrecht weitgehend vereinheitlicht, wobei allerdings die vorgeschriebenen Deckungssummen zum Teil erheblich voneinander abweichen.
Inhaltsübersicht
Besonderheiten der Kfz-Haftpflichtversicherung[↑]
Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist eine Haftpflichtversicherung, die auf die Besonderheit in der rechtlichen Ausgestaltung des im Straßenverkehr geltenden Schadensersatzrechts abgestimmt ist. Sie übernimmt daher nicht nur die Deckung für die von Ihnen verschuldeten Verkehrsunfälle, sie tritt auch stets dann ein, wenn Sie ein Haftungsanspruch aus der straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung trifft, und zwar unabhängig davon, ob Sie der Halter des versicherten Fahrzeugs sind oder dessen Fahrer. Die Kfz-Haftpflichtversicherung erfolgt fahrzeugbezogen. Versichert ist also stets ein bestimmtes Kraftfahrzeug. Die Versicherung tritt demgemäß für die Schäden ein, für die eine Haftung als Halter oder Fahrer aufgrund eines mit diesem Fahrzeug verursachten Schadens entsteht. Versichert ist im Verhältnis zu dem Verletzten also jeder Fahrer des Fahrzeugs, auch ohne dass er der Versicherung gegenüber ausdrücklich in den Vertrag einbezogen wurde.
Die Kfz-Haftpflichtversicherung tritt ein in die den Halter oder Fahrer des versicherten Fahrzeugs treffenden Schadensersatzansprüche, unabhängig davon, ob eine Person verletzt oder eine Sache (z.B. ein anderes Auto) beschädigt wurde. Außer den unmittelbaren Personenschäden und den Sachschäden ist die Kfz-Haftpflichtversicherung auch eintrittspflichtig für Vermögensschäden, also für Schäden, die sich beispielsweise aus der Verletzung und ihren Dauerfolgen für das weitere Berufsleben des Geschädigten ergeben. Auch immaterielle Schäden wie etwa das Schmerzensgeld werden von der Kfz-Haftpflichtversicherung abgedeckt.
Die Eiintrittspflicht der Kfz-Haftpflichtversicherung ist unabhängig davon, ob die Haftung auf einem Verschuldeno oder aber verschuldensunabhängig auf der gesetzlichen Gefährdungshaftung beruht.
Nicht versichert ist freilich der jeweilige Fahrzeugführer. Steht Ihnen also etwa als Halter eines Autos nach einem Unfall ein Schadensersatzsanspruch gegen den Fahrer Ihres Fahrzeugs zu, weil dieser den Unfall verursacht hat, so ist dieser Schadensersatzanspruch nicht von der Kfz-Haftpflichtversicherung umfasst.
Versicherungspflicht und Kontrahierungszwang[↑]
Die Kfz- Haftpflichtversicherung ist eine gesetzlich vorgeschriebene Pflichtversicherung. Der Halter ist nach dem Pflichtversicherungsgesetz zur Versicherung seines Kraftfahrzeugs verpflichtet.
Das Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr ohne dass eine Kfz-Haftpflichtversicherung besteht, ist eine Straftat.
Im Gegenzug zu dieser Versicherungspflicht besteht für die Versicherungsunternehmer aber auch ein Kontrahierungszwang. Dies bedeutet, dass jedes in Deutschland in der Kfz-Versicherung tätige Versicherungsunternehmen einen Antrag auf Erteilung einer Kfz-Haftpflichtversicherung grundsätzlich bestätigen muss und den Abschluss des Versicherungsvertrages nur unter ganz bestimmten Bedingungen verweigern darf. Dieser Kontrahierungszwang gilt freilich nur für die Kfz-Haftpflichtversicherung, nicht dagegen auch für die Kaskoversicherung, im Bereich der Kaskoversicherung ist der Versicherer in seiner Entscheidung zum Vertragsschluss frei.
Regulierungsvollmacht[↑]
Ein Ausfluss der Pflichtversicherung ist auch die für das Versicherungsunternehmen bestehende Regulierungsvollmacht. Anders als etwa bei einer Privathaftpflichtversicherung können Sie im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung also die Regulierung eines Schadensersatzanspruchs durch Ihre Versicherung nicht verhindern, die Versicherung kann den Schaden auch gegen Ihren erklärten Willen regulieren (und Sie dann auch in ihrem Schadensfreiheitsrabatt zurück stufen). Sie als Versicherungsnehmer haben zwar im Schadensfall ein außerordentliches Kündigungsrecht, dies wirkt allerdings nur in die Zukunft, nicht auch für die Regulierung des (aktuellen) Unfalls.
Direktanspruch des Geschädigten[↑]
Typischerweise hat ein Geschädigter einen unmittelbaren Anspruch nur gegen den Schädiger, nicht auch unmittelbar gegen dessen Haftpflichtversicherung, diese ist nur im Verhältnis gegenüber ihrem Versicherungsnehmer eintrittspflichtig.
In der Kfz-Haftpflichtversicherung ist dies freilich anders. Hier besteht ein unmittelbarer Anspruch des Geschädigten gegen die Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Kraftfahrzeugs, der Geschädigte kann also die Kfz-Haftpflichtversicherung unmittelbar auf Schadensersatz in Geld Anspruch nehmen kann. Das Versicherungsunternehmer kann dem Geschädigten auch nicht die Einwendungen entgegen halten, die ihm ggfs. gegenüber seinem Versicherungsnehmer zustehen. Ist also beispielsweise das Versicherungsunternehmer nach einer qualifizierten Mahnung wegen bestehender Beitragsrückstände leistungsfrei geworden, gilt dies nicht für den Geschädigten. Dieser erhält seinen Schadensersatz weiterhin von der Versicherung (der dann allerdings ein Regreßanspruch gegen ihren Versicherungsnehmer zusteht).
Versicherungsprämien und Schadensfreiheitsrabatt[↑]
Auch wenn es sich bei der Kfz-Haftpflichtversicherung um eine Pflichtversicherung handelt, so ist doch das Versicherungsunternehmer in der Kalkulation und Gestaltung seiner Beiträge frei, so dass es zwischen den verschiedenen Versicherungsunternehmen zum Teil erhebliche Beitragsunterschiede gibt.
Allerdings hat sich bei den deutschen Versicherungsunternehmen ein mehr oder weniger einheitlich gehandhabtes System des Schadenfreiheitsrabatts etabliert. Hierbei handelt es sich um ein Bonussystem (bzw. bei zu vielen Unfällen um ein Malussystem), bei dem der auf den Versicherungsbeitrag angerechnete Schadensfreiheitsrabatt um so höher wird, je länger die Kfz-Versicherung schadensfrei bleibt. Maximal beträgt der Schadensfreiheitsrabatt derzeit in Deutschland 75%. Umgekehrt wird bei Unfällen, die von der Versicherung reguliert werden, der Schadensfreiheitsrabatt wieder gekürzt und ggfs. auch ein Zuschlagssatz berechnet, der maximal 260% betragen kann.
Die Versicherungsprämie wird darüber hinaus von den Versicherungsunternehmen regelmäßig nach zwei statistischen Merkmalen berechnet, nämlich
- der Typklasse des Fahrzeuges, in der sich die statistische Schadenhäufigkeit und Reparaturkosten eines bestimmten Fahrzeugmodells wiederspiegeln, so dass ein typisches „Halbstarkenauto“ höher eingestuft wird als ein „Rentnerauto“ und ein in der Reparatur teureres Modell der Luxusklasse höher als ein einfacher Mittelklassewagen, und
- der Regionalklasse des Zulassungsortes, in der sich die statistische Schadenhäufigkeit in einem regional begrenzten Gebiet, typischerweise dem jeweilgen Zulassungsbezirk, widerspiegelt, weshalb etwa Autos mit Standort im unfallträchtigen Großstadtverkehr eine ungünstigere Regionalklasse auf weisen als solche, die „auf dem Land“ zugelassen wurden.
Neben diesen bei den einzelnen Versicherern einheitlichen Merkmalen sind in den letzten Jahren von den verschiedenen Versicherern aber auch eine Reihe weiterer Prämienermittlungsmerkmale eingeführt worden, die von Versicherungsunternehmen zu Versicherungsunternehmen unterschiedlich sind. Solche „weichen“ Tarifmerkmale können je nach Versicherern zum Beispiel sein:
- das Alter des Versicherungsnehmers, also des Halters des Fahrzeugs;
- die Anzahl und das Alter der weiteren Fahrer (mit der Folge, dass das Versicherungsunternehmen ggfs. beim Versicherungsnehmer Regreß nehmen kann, wenn ein nicht vom Vertrag umfasster Fahrer das Auto fährt);
- das Alter des Führerscheins des Halters oder Fahrers (als Maßstab für die Erfahrung und Fahrpraxis);
- das Alter des Fahrzeuges zum Zeitpunkt der Zulassung auf den Versicherungsnehmer,
- der Zeitwert bzw. der Neuwert des Autos
- das Vorhandensein einer Garage oder eines anderen regelmäßigen Abstellplatzes; der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft hat dieses Merkmal zwar 2007 wieder aus seinen Tarifempfehlungen für die Haftpflichtversicherung gestrichen und empfiehlt seine Berücksichtigung nur noch im Rahmen der Kaskoversicherung, gleichwohl wird dieses „Rabattmerkmal“ von einigen Versicherern noch verwendet;
- der Beruf des Versicherungsnehmers; so bestehen beispielsweise seit Jahrzehnten bereits besondere, günstigere Tarife für Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes;
- die jährliche Fahrleistung;
- im Haushalt des Versicherungsnehmers lebende Kinder unter 16 Jahren;
- Eintragungen (Punktestand) im Verkehrszentralregister des Kraftfahrtbundesamtes in Flensburg;
Ob und ggfs. welche dieser (oder weiterer) Merkmale das Versicherungsunternehmen seiner Beitragsgestaltung zugrunde legt, ist von Versicherungsunternehmen zu Versicherungsunternehmen unterschiedlich. Hier hilft also nur ein auf Ihre jeweilige konkrete Situation abgestimmter Vergleich der Versicherungsprämien, der sinnvollerweise auch alle Jahre wiederholt werden sollte.
Wird im Versicherungsvertrag eines dieser weichen Tarifmerkmale – etwa ein Mindestalter der Fahrer – vereinbart, so bleibt die Versicherung auch bei einem Verstoß hiergegen bestehen, die Versicherung muss also auch einen Unfall regulieren, den ein zu junger Fahrer verursacht hat. Allerdings sehen die Bestimmungen in den Versicherungsverträgen für diese Fälle regelmäßig Vertragsstrafen bis zur Höhe eines Jahresbeitrags vor.
Versicherungssumme[↑]
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Für die Versicherungssumme, also den Betrag. bis zu dem das Versicherungsunternehmen im Schadensfall maximal Entschädigungszahlungen leistet, bestehen gesetzliche Mindestgrenzen. Das Pflichtversicherungsgesetz verlangt als Deckungssumme mindestens
- für Personenschäden: 7,5 Mio. €,
- für Sachschäden: 1 Mio. € und
- für (sonstige) Vermögensschäden: 50.000,- € (nu für Vermögensschäden, die weder mittelbar noch unmittelbar mit einem Personen- oder Sachschaden zusammenhängen, ansonsten gelten die höheren Grenzen für Personen-/Sachschäden)
Soweit die Schadenssumme eines Unfalls tatsächlich über der Deckungssumme liegt, bleibt es bei der persönlichen Haftung des Unfallverursachers. Aus diesem Grund werden in vielen Versicherungsverträgen höhere Deckungssummen vereinbart, typischerweise etwa 50 Mio. € oder 100 Mio. für Personen-, Sach- und Vermögensschäden, wobei die Entschädigungsleistung bei Personenschäden pro Person je nach Versicherer auf 8 bis 15 Mio. € limitiert ist.
Der Regress des Versicherers[↑]
Das Versicherungsunternehmen kann bei bestimmten, „nicht erwünschten“ Verhaltensweisen, namentlich bei
- Trunkenheitsfahrten,
- unbefugter Benutzung des Kraftfahrzeugs und
- Fahrerflucht
die von ihm geleisteten Entschädigungszahlungen vom Fahrer des versicherten Fahrzeugs zurückverlangen. Der Versicherer reguliert in diesen Fällen mithin zwar den Schadensersatzanspruch des Geschädigten, da er hierzu gesetzlich verpflichtet ist, verlangt danach aber das Gezahlte vom Fahrer zurück. Dieser Regress ist allerdings auf 5.000,- € begrenzt, darüber hinaus gehende Schadensersatzleistungen trägt mithin auch in diesen Fällen ausschließlich das Versicherungsunternehmen.
Versicherungsende[↑]
Die Kfz-Haftpflichtversicherungsverträge werden in Deutschland typischerweise als Jahresverträge vereinbart, üblicherweise mit einer Laufzeit bis zum Ende des nächsten Kalenderjahres. Danach verlängern sind die Versicherungsverträge jeweils um ein weiteres Jahr, wenn weder der Versicherungsnehmer noch das Versicherungsunternehmen den Versicherungsvertrag zuvor kündigt. Dabei sehen die Versicherungsverträge als Kündigungsfrist regelmäßig einen Monat vor, die Kündigung muss also jeweils bis zum 30. November beim Versicherungsunternehmen eingegangen sein, damit der Versicherungsvertrag zum Jahresende ausläuft.
Außer durch eine solche
- ordentliche Kündigung durch das Versicherungsunternehmen oder den Versicherer zum Ablauf der Vertragslaufzeit
erlischt der Versicherungsvertrag über die Kfz-Haftpflichtversicherung auch durch
- den Wegfall des versicherten Risikos, also etwa durch einen Verkauf des Autos oder einen technischen Totalschaden;
- die Stilllegung des Fahrzeuges; hierbei tritt jedoch zunächst eine sogenannte „Ruheversicherung“ ein, d.h. der Versicherungsvertrag lebt bei einer Wiederinbetriebnahme des Fahrzeugs wieder auf, die Beendigung des Versicherungsvertrages erfolgt erst 18 Monaten nach der Stilllegung;
- die außerordentliche Kündigung des Versicherungsvertrages
- durch den Versicherer; hierzu ist der Versicherer etwa berechtigt
- bei Nichtzahlung des Versicherugnsbeitrages trotz (qualifizierter) Mahnung oder
- bei arglistiger Täuschung durch Versicherungsnehmer, also bei falschen Angaben im Versicherungsantrag;
- durch den Versicherungsnehmer; eine solches „Sonderkündigungsrecht“ besteht
- bei einer Beitragserhöhung;
- nach einem Schaden.
- durch den Versicherer; hierzu ist der Versicherer etwa berechtigt
Das Recht des Versicherungsnehmers zur Kündigung des Versicherungsvertrages wegen einer Beitragserhöhung besteht auch, wenn sich der Beitrag aufgrund von Änderungen in der Eingruppierung des versicherten Fahrzeugs bei der Typklasse oder der Regionalklasse erhöht. Erhöht sich der Beitrag dagegen nur aufgrund einer Änderung der gesetzlichen Bestimmung, etwa bei einer Erhöhung der Versicherungsteuer, so führt dies nicht zu einem Sonderkündigungsrecht für den Versicherungsnehmer.
Das Versicherungsunternehmen muss seinen Versicherungsnehmer über das gesetzliche Sonderkündigungsrecht (§ 40 VVG) in seiner Beitragsrechnung informieren. Danach hat der Versicherungsnehmer vier Wochen Zeit, um die Kündigung auszusprechen. Kündigt er fristgerecht, wird die Kündigung zu dem Zeitpunkt wirksam, zu dem auch die Beitragserhöhung wirksam geworden wäre.
Nachhaftung[↑]
Mit der Beendigung des Versicherungsvertrages ist die Eintrittspflicht des Versicherungsunternehmens allerdings noch nicht vollständig beendet. Zum Schutz möglicher Geschädigter hat das Versicherungsunternehmen vielmehr bei Vertragsbeendigung noch bis zu einem Monat darüber hinaus im gesetzlichen Umfang zu haften (§ 3 PflVG, § 117 Abs. 2 VVG). Dieser Zeitraum wurde so bemessen, damit der Straßenverkehrsbehörde für den Fall, dass keine neue Deckungsbestätigung vorgelegt wird, noch genügend Zeit bleibt, um das Fahrzeug stillzulegen, ohne dass bei einem Unfall in der Zwischenzeit das Opfer um den Versicherungsschutz bangen muss.
Diese Nachhaftung besteht allerdings nur in Höhe der gesetzlichen Mindestversicherungssummen, ein Regress des Versicherungsunternehmers bei seinem ehemaligen Versicherungsnehmer wird hierdurch ebenfalls nicht ausgeschlossen.