Reiserücktrittskostenversicherung und die Reisebuchung einer Schwangeren

Die Schwangerschaft an sich ist keine Erkrankung. Das unerwartete Auftreten von Komplikationen während einer Schwangerschaft ist allerdings als unerwartete schwere Erkrankung anzusehen, so dass eine Reiserücktrittsversicherung bei einer aus diesem Grund stornierten Reise eintreten muss.

So die Entscheidung des Amtsgerichts München in dem hier vorliegenden Fall einer Familie, die wegen plötzlich auftretenden vorzeitigen Wehen ihre Reise storniert haben und nun die Stornokosten von der Reiserücktrittsversicherung verlangen. Ein Ehepaar buchte für sich und seinen Sohn Mitte Februar 2011 eine Reise nach Griechenland. Die Reise sollte im Mai stattfinden. Zum Zeitpunkt der Buchung war die Ehefrau bereits schwanger, die Schwangerschaft war bis dahin völlig komplikationslos verlaufen. Gleichzeitig mit der Buchung schlossen die Reisenden eine Reiserücktrittsversicherung ab. Ende April kam es plötzlich zu vorzeitigen Wehen. Die behandelnde Ärztin riet daher von der Reise ab. Das Ehepaar stornierte die Reise und verlangte die Stornokosten in Höhe von 2535 Euro von der Reiserücktrittsversicherung.

Die Versicherung weigerte sich zu zahlen, da die Schwangerschaft bereits bei Buchung bekannt gewesen sei. Nach den Versicherungsbedingungen sei nur eine unerwartete schwere Erkrankung ein Versicherungsfall. Das Ehepaar argumentierte, die Komplikationen seien völlig unerwartet gewesen und haben Klage erhoben.

Nach Auffassung des Amtsgerichts München hat das Ehepaar einen Anspruch auf Ersatz der Stornokosten, da ein Versicherungsfall vorliegt. Ein Versicherungsschutz besteht nach den Versicherungsbedingungen dann, wenn die versicherte Person von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen wird und infolgedessen der Reiseantritt nicht möglich ist. Zwar ist das Vorliegen der Schwangerschaft bei Vertragsschluss bekannt gewesen. Jedoch hat zu diesem Zeitpunkt eine komplikationslos verlaufende Schwangerschaft vorgelegen, so dass keine Bedenken gegen die Durchführung der Reise bestanden haben. Die Schwangerschaft an sich ist keine Erkrankung. Das unerwartete Auftreten von Komplikationen während einer Schwangerschaft ist allerdings als unerwartete schwere Erkrankung anzusehen. Das Auftreten von vorzeitigen Wehen ist eine unerwartete schwere Komplikation.

Amtsgericht München Urteil vom 3. April 2012 – 224 C 32365/11