Rückkaufswert, Stornoabzug unnd Zillmmerung bei Lebensversicherungs- und Rentenversicherungsverträgen

DerBundesgerichtshof hat eine Reihe von Versicherungsbedingungen in Lebensversicherungs- und Rentenversicherungsverträgen für unwirksam erklärt. Die unwirksamen Regelungen betreffend u.a. die Rückkaufswerte, den Stornoabzug sowie die Verrechnung von Abschlusskosten, die so genannte Zillmerung. Betroffen sind Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen für eine kapitalbildende Lebensversicherung, eine aufgeschobene und eine fondsgebundene Rentenversicherung für den Fall der Kündigung sowie der Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung.

Der Kläger des jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Rechtsstreits ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein. Die Beklagte ist eine deutsche Lebensversicherungs-AG. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit dieser Bestimmungen, die die Beklagte jedenfalls zeitweise im Zeitraum 2001 bis Ende 2006 verwendete. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung der angegriffenen Klauseln sowohl beim Abschluss neuer Versicherungsverträge als auch bei der Abwicklung bereits geschlossener Verträge in Anspruch.

Die Unterlassungsklage hat sowohl erstinstanzlich vor dem Landgericht Hamburg1 wie auch in der Berufungsinstanz vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg2 überwiegend Erfolg gehabt. Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat in seinem Berufungsurteil die angegriffenen Klauseln im Wesentlichen für intransparent und damit unwirksam erachtet. Es hat aber die Klage abgewiesen, soweit der Kläger sich gegen die Verurteilung bezüglich der Verwendung der Klauseln für Neuabschlüsse ab 1. Januar 2008 wendet. Gegen dieses Berufungsurteil haben beide Parteien Revision eingelegt, soweit zu ihrem Nachteil erkannt wurde.

Der Bundesgerichtshof hat nun die Revision der beklagten Lebensversicherungs-AG im Wesentlichen zurückgewiesen, derjenigen des Klägers dagegen stattgegeben. Der Bundesgerichtshof entschied, dass Bedingungen, nach welchen die Abschlusskosten, bei denen es sich zu einem erheblichen Teil um Vermittlungsprovisionen handelt, mit den ersten Beiträgen verrechnet werden, eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers darstellen und deshalb unwirksam sind. Die Zillmerung führt dazu, dass Versicherungsnehmer, die ihren Vertrag bereits nach wenigen Jahren und vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit kündigen, nur einen geringen oder gegebenenfalls gar keinen Rückkaufswert erhalten. Der Bundesgerichtshof hat insoweit seine bisherige Rechtsprechung in den Urteilen vom 9. Mai 2001 und 12. Oktober 20053 unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts4 weiterentwickelt.

Wegen des Verstoßes gegen das Transparenzgebot hat der Bundesgerichtshof darüber hinaus auch noch Klauseln für unwirksam erklärt, die nicht hinreichend deutlich zwischen dem im Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik zu berechnenden Rückkaufswert (§ 176 Abs. 3 VVG a.F.) einerseits und andererseits dem so genannten Stornoabzug, der vereinbart und angemessen sein muss (§ 176 Abs. 4 VVG a.F.) differenzieren.

Wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers sind ferner Bestimmungen unwirksam, die vorsehen, dass dem Versicherungsnehmer nach allen Abzügen verbleibende Beträge unter 10 € nicht erstattet werden.

Schließlich hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der beklagte Versicherer sich nicht nur bei der Abwicklung bestehender Verträge, sondern auch bei deren Neuabschluss nicht auf die für unwirksam erklärten Klauseln berufen darf.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. Juli 2012 – IV ZR 201/10

  1. LG Hamburg. Urteil vom 20.09.2009 – 324 O 1116/07[]
  2. OLG Hamburg, Urteil vom 27.07.2010 – 9 U 236/09[]
  3. BGH, Urteile vom 09.05.2001 – IV ZR 121/00 und 138/99; und vom 12.10.2005 – IV ZR 162/03 und 177/03[]
  4. BVerfG, Beschluss vom 15.02.2006 – 1 BvR 1317/96[]