Schadensregulierung trotz Widerspruch des Kunden

In der Kfz-Haftpflichtversicherung kann der Haftpflichtversicherer den Schaden, den ein bei ihr Versicherter verursacht hat,
auch ohne dessen Einverständnis regulieren. Sie hat insoweit ein Ermessen, dass sie allerdings ordnungsgemäß ausüben muss.

In einem vom Amtsgericht München entschiedenen Rechtsstreit wollte ein Autofahrer Anfang März 2008 mit seinem PKW aus der Ausfahrt der Parkgarage der Allianz Arena in München fahren. Vor ihm fuhr ein anderes Auto. Die Ausfahrt aus der Tiefgarage ist grundsätzlich nur möglich, wenn ein entsprechendes Parkticket eingeführt wird. Allerdings kann die Lichtschranke dadurch umgangen werden, dass man sich dicht an den Vordermann hängt. Dann können auch zwei Autofahrer die Tiefgarage verlassen. Dies wollte sich der spätere Kläger zunutze machen. Er bat seinen Vordermann, sich an ihn hängen zu dürfen. Dieser lehnte dies ab. Trotzdem fuhr der Autofahrer dicht an den PKW des Vordermannes auf. Darauf hin bremste dieser kurz nach Passieren der Schranke ab, wodurch der Hintermann auf seinen PKW auffuhr.

Den dadurch entstandenen Schaden von 988 € verlangte der Vordermann von der Versicherung des Hintermannes ersetzt zu bekommen. Diese zahlte, trotz Widerspruch des Versicherten, den Schadensbetrag aus.

Da die Versicherung ankündigte, den Versicherungsnehmer höher einzustufen, was auch zu einer Erhöhung des Beitragssatzes geführt hätte, verklagte dieser die Versicherung vor dem Amtsgericht München auf Feststellung, dass der Verkehrsunfall kein zu einer Höherstufung führender Versicherungsfall sei. Schließlich sei der Vordermann schuld gewesen am Auffahrunfall. Die Versicherung hätte den Schaden nicht regulieren dürfen. Das Amtsgericht München wies die Klage jedoch ab:

Grundsätzlich könne eine Haftpflichtversicherung einen Schaden auch gegen den Willen des Versicherungsnehmers regulieren. Auf Grund der allgemein geltenden Versicherungsbedingungen habe die Versicherung insoweit einen Ermessensspielraum. Dieses Ermessen sei im vorliegenden Fall pflichtgemäß ausgeübt worden.

Es handele sich um einen Auffahrunfall. Daher ergebe sich zunächst einmal der Anschein, dass der Kläger den erforderlichen Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten habe. Unter Berücksichtigung dieser Ausgangslage wäre der Ausgang des Prozesses höchst ungewiss gewesen. Es sei nicht wahrscheinlich gewesen, dass der vorausfahrende Autofahrer eine bewusste Bremsung in einem Prozess eingeräumt hätte. Darüber hinaus wäre ohnehin ein Mitverschulden des Klägers zu berücksichtigen gewesen. Schon nach seiner Darstellung hatte der vorausfahrende Autofahrer schließlich angekündigt, dass er ihn nicht nachfahren lassen wollte.

Unter Abwägung all dieser Umstände habe sich die Versicherung nicht auf einen ungewissen Prozess einlassen müssen.

Amtsgericht München, Urteil vom 27. Januar 2010 – 343 C 27107/09