Versorgungsausgleich – und die Todesfallleistung der Lebensversicherung

Hat der Versorgungsträger in seiner Auskunft gegenüber dem Familiengericht von der Möglichkeit der Beschränkung des Risikoschutzes auf die Altersversorgung unter Ausschluss der Todesfallleistung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 2 VersAusglG Gebrauch gemacht, kann diese Auskunft bei der Auslegung des Tenors eines familiengerichtlichen Beschlusses, der keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthält, berücksichtigt werden.

Einschlägige gesetzliche Regelungen für den Versorgungsausgleich sind die §§ 10 und 11 VersAusglG. Gemäß § 10 Abs. 1 VersAusglG überträgt das Familiengericht für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei dem Versorgungsträger, bei dem das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person besteht (interne Teilung). Maßgeblich hierfür sind die Regelungen über das auszugleichende und das zu übertragende Anrecht (§ 10 Abs. 3 VersAusglG), hier also die Bestimmungen der Teilungsordnung der Versicherungsgesellschaft. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG muss die interne Teilung die gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten sicherstellen. Dies ist gewährleistet, wenn im Vergleich zum Anrecht der ausgleichspflichtigen Risikoschutz Person gewährt wird (§ 11 der Abs. 1 Satz 2 gleiche Nr. 3 Halbsatz 1 VersAusglG). Der Versorgungsträger kann den Risikoschutz allerdings auf eine Altersversorgung beschränken, wenn er für das nicht abgesicherte Risiko einen zusätzlichen Ausgleich bei der Altersversorgung schafft (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 2 VersAusglG). Für das Anrecht der ausgleichsberechtigten Person gelten die Regelungen über das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person entsprechend, soweit nicht besondere Regelungen für den Versorgungsausgleich bestehen (§ 11 Abs. 2 VersAusglG).

Wegen der rechtsgestaltenden Wirkung der gerichtlich ausgesprochenen internen Teilung fällt den Gerichten die Aufgabe zu, die rechtliche Vereinbarkeit der nach § 10 Abs. 3 VersAusglG heranzuziehenden untergesetzlichen Versorgungsund Teilungsordnung mit höherrangigem Recht zu überprüfen1, insbesondere ob diese Regelungen am Maßstab des § 11 Abs. 1 VersAusglG gemessen eine gleichwertige Teilhabe der ausgleichsberechtigten Person gewährleisten2. Wenn die Voraussetzungen einer gleichmäßigen Teilhabe nicht vorliegen, darf das Gericht das Anrecht nicht nach Maßgabe der Versorgungsregelung des Versorgungsträgers ausgleichen3. Durch die obligatorische Bezugnahme auf die maßgeblichen Versorgungsund Teilungsregelungen in der Beschlussformel bringt das Familiengericht zum Ausdruck, dass es die Anforderungen des § 11 Abs. 1 VersAusglG geprüft und für erfüllt erachtet hat4.

uf dieser Grundlage hat der Bundesgerichtshof in zahlreichen Entscheidungen ausgeführt, die rechtsgestaltende Wirkung der gerichtlichen Entscheidung bezüglich der Übertragung eines Anre chts in Höhe des Ausgleichswerts erfordere eine genaue Bezeichnung der Art und der Höhe des für den Berechtigten zu übertragenden Versorgungsanrechts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es daher bei der internen Teilung geboten, die maßgeblichen Teilungsund Versorgungsregelungen in der gerichtlichen Entscheidung konkret zu bezeichnen, um damit den Inhalt des für den Ausgleichsberechtigten bei dem Versorgungsträger geschaffenen Anrechts klarzustellen5.

Im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hat die Versicherungsgesellschaft von der Möglichkeit der Beschränkung des Risikoschutzes auf die Altersversorgung unter Ausschluss der Todesfallleistung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 2 VersAusglG Gebrauch gemacht und hierauf in ihrem Schreiben vom 31.08.2012 unter Bezugnahme auf die Teilungsordnung gegenüber dem Familiengericht ausdrücklich hingewiesen. Zugleich hat sie den Ausgleichswert mit 8.536,57 € ermittelt. Das Familiengericht hat diese Beschränkung des Risikoschutzes auf eine Altersversorgung indessen nicht ausdrücklich erwähnt, sondern im Tenor des Scheidungsbeschlusses lediglich pauschal ein Anrecht der Ehefrau zugunsten des Ehemannes in Höhe von 8.536,57 € auf diesen übertragen.

Eine Auslegung des Beschlusses ergibt jedoch, dass die Beschränkung dort übernommen worden ist. Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in der Vorinstanz allein auf den Wortlaut des Tenors abgestellt und ausgeführt, diesem lasse sich eine Beschränkung des Risikoschutzes auf die Altersversorgung nicht entnehmen6. Zwar ist der Umfang der Rechtskraft eines Urteils nach der ständigen Rechtspre chung des Bundesgerichtshofs in erster Linie der Urteilsformel zu entnehmen. Reicht diese indessen allein nicht aus, den Umfang der Rechtskraft zu bestimmen, sind zur Auslegung aber auch Tatbestand und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, heranzuziehen7. So liegt es hier. Der Beschluss des Familiengerichts enthält keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe. Die Revision weist jedoch zu Recht darauf hin, dass das Familiengericht indem es zugunsten des Ehemannes ein Anrecht in Höhe von 8.536,57 € übertrug einen Ausgleichswert bestimmt hat, der nach Maßgabe der Teilungsordnung bereits eine Kompensation für das weggefallene Risiko der Beitragserstattung im Todesfall beinhalten soll. Aus dem Tenor lässt sich zwar lediglich entnehmen, dass im Wege der internen Teilung zugunsten des Ehemannes ein Anrecht in Höhe von 8.536,57 € zuzüglich der Hälfte des ermittelten Ehezeitanteils des Anrechts auf Schlussüberschussanteile und Bewertungsreserven, bezogen auf den 30.06.2012, übertragen wird. Hiermit hat das Familiengericht aber genau den Betrag zugrunde gelegt, den die Versicherungsgesellschaft in ihrem Schreiben an das Familiengericht vom 31.08.2012 als Vorschlag für den Ausgleichswert genannt hat. Dieser vom Familiengericht übernommene Wert kann nicht isoliert gesehen, sondern muss im Zusammenhang mit der Versorgungsauskunft der Versicherungsgesellschaft gewürdigt werden. Aus der Auskunft der Versicherungsgesellschaft ergibt sich, dass der Risikoschutz auf eine reine Altersversorgung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 2 VersAusglG beschränkt werden sollte. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem von der Versicherungsgesellschaft errechneten Ausgleichswert von 8.536,57 € nicht um den maßgeblichen Wert für die Altersversorgung handelt, bei dem für das nicht abgesicherte Risiko des Todesfallschutzes ein zusätzlicher Ausgleich geschaffen wurde, bestehen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht. Dies wird bestätigt durch Ziff. 5 der Teilungsordnung, die bestimmt, dass die Erhöhung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 2 VersAusglG bereits im Rahmen der Ermittlung des Ausgleichswerts erfolgt ist.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Familiengericht die Vereinbarkeit der vorgelegten Teilungsordnung der Versicherungsgesellschaft mit höherrangigem Recht, hier §§ 10, 11 VersAusglG, geprüft und mit der Nichterwähnung der Rechtsgrundlagen in der Beschlussformel zum Ausdruck hätte bringen wollen, dass es diese Regelungen des Versorgungsträgers für unwirksam hält. Vielmehr belegt die Übernahme des von der Versicherungsgesellschaft in ihrer Auskunft genannten Ausgleichswerts das Gegenteil.

Da die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Bundesgerichtshof die erforderliche Auslegung des Inhalts des Beschlusses des Familiengerichts selbst vornehmen8. Dies führt hier dazu, dass der Beschluss des Familiengerichts vom 13.03.2013 in Verbindung mit dem Schreiben der Versicherungsgesellschaft vom 31.08.2012 sowie der zugrundeliegenden Teilungsordnung eine Beschränkung des Risikoschutzes auf eine Altersversorgung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 2 VersAusglG zum Gegenstand hat.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Januar 2020 – IV ZR 54/19

  1. BGH, Beschluss vom 25.02.2015 – XII ZB 364/14, FamRZ 2015, 911 Rn. 11[]
  2. BGH, Beschluss vom 07.03.2018 – XII ZB 408/14, BGHZ 218, 44 Rn. 39[]
  3. BGH, Beschluss vom 25.02.2015, aaO[]
  4. BGH, Beschlüsse vom 07.03.2018, aaO; vom 26.01.2011 – XII ZB 504/10, FamRZ 2011, 547 Rn. 25[]
  5. vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 19.11.2014 – XII ZB 353/12, FamRZ 2015, 313 Rn. 13; vom 17.09.2014 – XII ZB 178/12, FamRZ 2014, 1982 Rn. 26; XII ZB 537/12, NZFam 2014, 1040 Rn. 28; vom 25.06.2014 – XII ZB 568/10, FamRZ 2014, 1534 Rn. 17 f.; vom 29.05.2013 – XII ZB 663/11, FamRZ 2013, 1546 Rn. 10; vom 23.01.2013 – XII ZB 541/12, FamRZ 2013, 611 Rn. 9; vom 26.01.2011 – XII ZB 504/10, FamRZ 2011, 547 Rn. 24, 27[]
  6. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.02.2019 – I-24 U 21/18, VersR 2019, 903; zustimmend Adamus, jurisPRFamR 15/2019 Anm. 4[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 24.07.2014 – I ZR 27/13, GRUR 2015, 269 Rn.19; Zöller/Vollkommer, ZPO 33. Aufl. Vor § 322 Rn. 31[]
  8. zur Auslegung durch das Revisionsgericht vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 12.12 1997 – V ZR 250/96, NJW 1998, 1219 unter – II 3; Zöller/Heßler, ZPO 33. Aufl. § 546 Rn. 10; ferner BGH, Urteil vom 14.12 2016 – IV ZR 527/15, VersR 2017, 216 Rn. 16 zur Auslegung von Klageanträgen durch das Revisionsgericht[]