Rückkaufswerte gekündigter Lebensversicherungsverträge – Neuberechnung und Verjährung

Bei Kündigung eines Lebensversicherungsvertrages oder Rentenversicherungsvertrages verjähren die Ansprüche auf eine Rückvergütung spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Versicherer den Vertrag abgerechnet hat. Dies gilt nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn dieser Zeitpunkt vor Veröffentlichung der Grundsatzurteile des Bundesgerichtshofs vom 12. Oktober 20051 lag.

In dem jetzt vom Bundesgerichthof entschiedenen Rechtsstreit verlangt der klagende Verbraucherschutzverein von einem Versicherer die Neuberechnung der Rückvergütungen (Rückkaufswert nebst Überschussbeteiligung) gekündigter Lebens- und Rentenversicherungen.

Die Versicherungsnehmer, die ihre Ansprüche an den Kläger abgetreten haben, hatten zwischen 1995 und 1998 beim beklagten Versicherer Kapital-Lebensversicherungs- bzw. private Rentenversicherungsverträge abgeschlossen; diese wurden zwischen 1996 und 2000 gekündigt und abgerechnet. Daraufhin zahlte die Beklagte teilweise eine Rückvergütung aus. Grundlage dieser Berechnung waren die dem jeweiligen Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten, nach denen ein Stornoabzug sowie eine Verrechnung von Abschlusskosten zu berücksichtigen waren.

Vergleichbare Bedingungen hat der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen vom 9. Mai 20012 als unwirksam erachtet. In der Folge hat der Bundesgerichtshof mit Urteilen vom 12. Oktober 20051 entschieden, dass der Stornoabzug entfällt und der Rückkaufswert bei Kündigung einen Mindestrückkaufswert nicht unterschreiten dürfe.

Der Kläger hat mit der im Jahr 2007 erhobenen Stufenklage zunächst Auskunft über den Rückkaufswert ohne Stornoabzug und Verrechnung von Abschlusskosten und die bei Kündigung bereits zugewiesene Überschuss-beteiligung begehrt. Der beklagte Versicherer beruft sich auf Verjährung. Der Kläger macht geltend, die maßgeblichen Verjährungsfristen hätten erst nach den Urteilen des Bundesgerichtshof vom 12. Oktober 2005 zu laufen begonnen, da es den Versicherungsnehmern zuvor verwehrt gewesen sei, den nunmehr geltend gemachten Anspruch gerichtlich zu verfolgen.

Die Verjährung der Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag über eine Lebensversicherung trat nach § 12 Abs. 1 VVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung nach fünf Jahren ein. Die Verjährung begann mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden konnte.

Das Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg3 hat angenommen, die geltend gemachten Ansprüche seien verjährt. Spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherer den Vertrag abgerechnet habe, also in den Jahren 1996 bis 2000, sei es den Versicherungsnehmern möglich gewesen, einen über den ausbezahlten Betrag hinausgehenden Rückkaufswert zu beanspruchen. Die fünfjährige Verjährungsfrist habe daher zum Ende dieser Jahre zu laufen begonnen und jeweils vor Erhebung der Klage – spätestens zum 31. Dezember 2005 – geendet. Das Berufen auf die Einrede der Verjährung durch den Versicherer sei auch nicht als treuwidrig anzusehen.

Die hiergegen eingelegte Revision des Verbraucherschutzversins hat der Bundesgerichtshof jetzt zurückgewiesen: Eventuelle Ansprüche auf einen weitergehenden Rückkaufswert sind verjährt.

Maßgeblich für den Beginn der Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 VVG a. F. sind nur die Entstehung des Anspruchs auf Auszahlung des Rückkaufswerts und dessen Fälligkeit. Der Anspruch auf eine Rückvergütung entsteht bereits mit der durch die Kündigung herbeigeführten Vertragsbeendigung; fällig wird er spätestens mit der Abrechnung der Versicherungsverträge durch den Versicherer. Dies gilt unverändert für (weitergehende) Ansprüche auf eine höhere Rückvergütung, die sich aus einer veränderten Abrechnung nach Maßgabe der Senatsurteile vom 9. Mai 2001 und 12. Oktober 2005 ergeben. Es kommt nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht darauf an, ob die Versicherungsnehmer zum Abrechnungszeitpunkt die Unwirksamkeit der Versicherungsbedingungen erkennen konnten.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. Juli 2010 – IV ZR 208/09

  1. BGHZ 164, 297 u. a.[][]
  2. BGHZ 147, 354; 147, 373[]
  3. OLG Hamburg, Urteil vom 06.10.2009 – 9 U 204/08[]