Besteuerung einer privaten Rentenversicherung

Bei privaten Rentenversicherungsverträgen ist sowohl die garantierte Mindestrente als auch die nicht garantierte Überschussbeteiligung einheitlich mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG anzusetzen1. Dies gilt unabhängig davon, ob die Überschussbeteiligung als konstanter Betrag oder in degressiver Form ausgezahlt wird.

Der Bundesfinanzhof hat bereits entschieden, dass eine garantierte Mindestrente und eine nicht garantierte Überschussbeteiligung, die beide auf einem einheitlichen Rentenrecht beruhen, das gegen Einmalbeitrag erworben wurde, als Einheit anzusehen sind2. Danach sind die Gesamtzahlungen auch bei der im Streitfall gewählten „hybriden“ Gestaltung bei wertender Betrachtung noch als gleichmäßig im Sinne der zu § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG entwickelten Grundsätze anzusehen.

In der vorstehend zitierten Entscheidung hat der Bundesfinanzhof noch offengelassen,

  1. ob die Überschussbeteiligung unmittelbar unter § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG fällt,
  2. ob der in ihr enthaltene Zinsanteil zwar dem Grunde nach zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu rechnen, der Höhe nach aber in sinngemäßer Anwendung der Ertragsanteilstabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zu bemessen ist, oder
  3. ob Einkünfte aus Kapitalvermögen in Anlehnung an finanz- bzw. versicherungsmathematische Grundsätze dadurch zu ermitteln sind, dass die aktuelle Sterbetafel und ein Zinsfuß von 5,5 % herangezogen wird, was tendenziell zu etwas höheren steuerlichen Einkünften als nach den Varianten 1 oder 2 führen würde.

Der Bundesfinanzhof entscheidet diese Frage nunmehr –entsprechend der ständigen Praxis der Finanzverwaltung3– dahingehend, dass die gesamten Rentenzahlungen (Garantierente, konstante Überschussbeteiligung aus der Ansparphase, zusätzliche Überschussbeteiligung der Rentenphase) unmittelbar unter § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG fallen.

Hierfür spricht zunächst die Einheitlichkeit des vertraglichen Anspruchs. Die Aufspaltung in drei Einzelbeträge mag versicherungstechnische und versicherungsaufsichtsrechtliche Gründe haben. Dies ändert aber nichts daran, dass der gesamte Rentenanspruch auf dem einheitlichen Versicherungsvertrag beruht und durch die einmalige Zahlung des Klägers erworben wurde. Die Überschussbeteiligungen sind im Verhältnis zur Garantierente nicht etwa ein aliud –was eine unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung rechtfertigen könnte–, sondern rechtlich und wirtschaftlich untrennbarer konzeptioneller Bestandteil des hier verwendeten Vertragstypus. Die rechtliche Einheit folgt in erster Linie aus den entsprechenden gesetzlichen Regelungen (vgl. §§ 153 ff. VVG n.F.; für die Streitjahre § 172 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F.). Wirtschaftlich sinnvoll wird ein Vertragsschluss für die Versicherungsnehmer überhaupt erst durch die –von den Versicherungsunternehmen in ihren Prognoserechnungen und Werbeaussagen genährte– Hoffnung auf Überschussbeteiligungen, da sich eine Rendite in Höhe der Garantieverzinsung regelmäßig auch mit anderen Anlageformen erwirtschaften ließe, die keine derart langfristige Kapitalbindung mit sich bringen, wie sie Leibrentenverträgen eigen ist.

In Übereinstimmung damit hat der Bundesfinanzhof im Urteil vom 22. August 20124 ausgeführt, Rentenerhöhungsbeträge seien dann nicht als eigenständige Renten anzusehen, wenn sie die in der Rente bereits angelegte Funktion und ihren Zweck lediglich umsetzen.

Hinzu kommt, dass auch Praktikabilitätserwägungen für eine einheitliche steuerrechtliche Behandlung der Rentenzahlungen sprechen. Eine Zuordnung des einheitlichen Zahlbetrags zu zwei verschiedenen Einkunftsarten –mit unterschiedlichen Freibetragskonzeptionen–, erst recht aber eine gesonderte Einkünfteermittlung für Teilbeträge des einheitlichen Zahlbetrags würde mit dem Gedanken der Steuervereinfachung nicht in Übereinstimmung zu bringen sein und eine seit Langem gefestigte Rechtspraxis erschüttern.

Für die einheitliche Zuweisung sowohl der Garantierente als auch der Überschussbeteiligung zu den Einkünften aus Leibrenten sprechen auch die Erwägungen im BFH-Urteil vom 18. Mai 20105. Dort hat der BFH zum einen darauf hingewiesen, dass der Rentenertrag nicht allein aus Zinsen besteht. Zum anderen hat er hervorgehoben, dass der Leibrentenvertrag eine Vermögensumschichtung darstellt, bei der die Vermögensbildung bereits abgeschlossen ist, während der Sparer-Freibetrag gerade in der Ansparphase eine Anreizwirkung hervorrufen soll.

Das BFH-Urteil vom 9. Februar 19946 steht dem nicht entgegen, da es dort nicht um eine (gleichmäßige bzw. –wie im vorliegend zu beurteilenden Fall– jedenfalls bei wertender Betrachtung als gleichmäßig anzusehende) Leibrente ging, sondern um eine (abänderbare) dauernde Last. Zudem beruht diese Entscheidung auf Besonderheiten, die im Bereich des Werbungskostenabzugs von Zahlungen, die als dauernde Last anzusehen sind, durch die unterschiedliche einkommensteuerrechtliche Behandlung von Anschaffungskosten einerseits und Finanzierungskosten andererseits hervorgerufen werden.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. April 2013 – X R 18/11

  1. Anschluss an BMF, Schreiben vom 26.11.1998, BStBl I 1998, 1508; Klarstellung zu BFH, Urteil vom 20.06.2006 – X R 3/06, BFHE 214, 185, BStBl II 2006, 870[]
  2. BFH, Urteil in BFHE 214, 185, BStBl II 2006, 870, unter II.3.[]
  3. vgl. BMF, Schreiben vom 26.11.1998, BStBl I 1998, 1508[]
  4. BFH, Urteil vom 22.08.2012 – X R 47/09, BFHE 239, 213, BStBl II 2013, 158, unter II.1.d[]
  5. BFH, Urteil vom 18.05.2010 – X R 32-33/01, BFHE 230, 305, BStBl II 2011, 675, unter II.3.c bb[]
  6. BFH, Urteil vom 09.02.1994 – IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47[]