Das Sterbegeld aus dem berufsständischen Versorgungswerk unterliegt als „andere Leistung“ gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit dem Besteuerungsanteil der Einkommensteuer1.
Der Bundesfinanzhof hat bereits entschieden, dass eine Besteuerung als „andere Leistung“ i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a EStG nicht zugleich das Vorliegen „wiederkehrender Bezüge“ nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG erfordert2. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die genannte Entscheidung Bezug genommen.
Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg3 dient diese Auslegung nicht lediglich der „Missbrauchsvermeidung“ (Verhinderung der Umwandlung laufender Rentenleistungen in einmalige Kapitalzahlungen), sondern stellt allgemein die systemgerechte Umsetzung des Konzepts der nachgelagerten Besteuerung sicher, das der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Vorsorgeaufwendungen und Altersbezügen seit 2005 zugrunde liegt. Das Finanzamt weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in seinem Bericht zum Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) die von einigen Versorgungswerken eingeräumte Möglichkeit von Teilkapitalisierungen nur als Beispiel für eine „andere Leistung“ angeführt hat4, den Anwendungsbereich dieses gesetzlichen Tatbestands aber ersichtlich nicht auf diese Fallgestaltungen hat beschränken wollen.
Auch die grundlegenden Wertungen, die mit der Neugestaltung der Rentenbesteuerung durch das AltEinkG verbunden waren5, sprechen für eine Einbeziehung sämtlicher Auszahlungen aus der Basisversorgung in die nachgelagerte Besteuerung; ihnen lässt sich eine Beschränkung auf kapitalisierte Rentenansprüche nicht entnehmen. Da der Gesetzgeber sich mit dem AltEinkG grundsätzlich von seiner früheren Sichtweise (Altersbezüge als nicht steuerbare Vermögensumschichtung) gelöst hat, trägt der Einwand, es handele sich um die Rückzahlung einer Kapitalanlage, nicht mehr6. Die Steuerbarkeit sämtlicher Leistungen der Basisversorgung gilt nicht nur für den Endzustand der nachgelagerten Besteuerung, der erst für die Renteneintrittsjahrgänge ab dem Jahr 2040 erreicht sein wird, sondern bereits für die gegenwärtig laufende Übergangsphase7.
Aus dem Zweck des Sterbegelds, eine finanzielle Hilfestellung für die Aufbringung der Sterbefallkosten zu bieten, folgt nichts anderes. Eine rechtliche Zweckbindung ist hiermit nicht verbunden. Nach § 26 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks wird das Sterbegeld unabhängig davon gezahlt, ob bzw. in welcher Höhe dem überlebenden Ehegatten Sterbefallkosten entstehen. Auch ist die Zahlung unabhängig davon, ob der überlebende Ehegatte überhaupt Erbe -und damit gemäß § 1968 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Tragung der Beerdigungskosten verpflichtet- ist.
Einer tatsächlichen Verwendung des Sterbegelds zur Begleichung von Beerdigungskosten im Einzelfall wird im System des Einkommensteuerrechts im Übrigen dadurch Rechnung getragen, dass diejenigen Beerdigungskosten, die den Wert des erhaltenen Nachlasses übersteigen, als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können8 und auf diese Weise steuerlich entlastet werden.
Es kommt auch nicht zu einer zweimaligen einkommensteuerlichen Belastung des Sterbegelds. Insoweit wird vorgebracht, eine Besteuerung des Sterbegelds müsse schon deshalb ausscheiden, weil es im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen auf die Beerdigungskosten angerechnet werde und dadurch den abziehbaren Betrag mindere. Indes hat der Bundesfinanzhof eine derartige Anrechnung nur in Bezug auf solche Sterbegeldleistungen bejaht, die nicht einkommensteuerpflichtig sind9. Demgegenüber hat der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass Bezüge, die als solche einkommensteuerpflichtig sind, nicht auf den nach § 33 EStG abziehbaren Betrag anzurechnen sind10.
Auch sind Altersbezüge von ihrem Charakter her generell und typischerweise zur Sicherung des Lebensunterhalts -d.h. zur Begleichung existenzsichernder und zu einem großen Teil unvermeidbarer Aufwendungen- bestimmt, ohne dass dies ihrer Besteuerung grundsätzlich entgegenstünde.
Ebenso wenig vermag der Einwand zu überzeugen, die Besteuerung des an den überlebenden Ehegatten gezahlten Sterbegelds sei gleichheitswidrig, weil Sterbegeld, das das Versorgungswerk an ein Kind des verstorbenen Mitglieds (Waise) zahle, nicht der Einkommensteuer unterliege.
Der Bundesfinanzhof kann schon die Prämisse, die der Argumentation der Klägerin zugrunde liegt -die fehlende Einkommensteuerbarkeit des an Waisen gezahlten Sterbegelds- nicht teilen. Er hat bereits entschieden, dass Einmalzahlungen aus der Basisversorgung auch dann gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG einkommensteuerbar und -steuerpflichtig sind, wenn daneben keine laufenden Leistungen gezahlt werden11. Ebenso hat er erkannt, dass auch eine einmalige Todesfallleistung an ein hinterbliebenes Kind des Versicherten steuerpflichtig ist12.
Dabei ist die für „Leistungen aus einer Krankenversicherung“ geltende Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG für die rechtliche Beurteilung des Streitfalls ohne Bedeutung. Sie war zwar -solange Sterbegelder zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehört haben- auch auf diese Leistungen anwendbar, ist aber weder auf Sterbegelder zugeschnitten noch enthält sie eine umfassende Steuerfreistellung für Sterbegelder. Allerdings sind Sterbegelder, die an die Hinterbliebenen von Pensionären oder Abgeordneten gezahlt werden, nach § 19 EStG bzw. § 22 Nr. 4 EStG steuerpflichtig, ohne dass hier die Vorschrift des § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG herangezogen würde.
Der für „Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten“ geltende ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG ist in Bezug auf das Sterbegeld nicht zu gewähren. Zwar hat der Bundesfinanzhof den ermäßigten Steuersatz auf solche Leistungen angewendet, die die Kapitalisierung von an sich laufend auszuzahlenden Bezügen darstellten13. Tragend dafür war aber, dass derartige Kapitalisierungen zum einen atypisch für die Basisversorgung sind und zum anderen aufgrund ihrer außerordentlichen Höhe typischerweise zu einer Zusammenballung steuerpflichtiger Einkünfte und damit zu Progressionsnachteilen führen14.
Diese Erwägungen lassen sich auf Sterbegelder nicht übertragen. Sie stellen lediglich untergeordnete Zusatzleistungen zu den laufenden Rentenbezügen dar und sind daher -anders als Kapitalauszahlungen- nicht als Fremdkörper im Leistungskatalog der Basisversorgung anzusehen. Hinzu kommt, dass Sterbegelder aus der Basisversorgung typischerweise nicht so hoch ausfallen, dass sie zu Progressionsnachteilen führen.
Die geleisteten Beiträge zum Versorgungswerk sind zwar ihrer Rechtsnatur nach vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften, allerdings durch die Regelungen in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 3 EStG spezialgesetzlich den Sonderausgaben zugewiesen15. Der hilfsweise begehrte Werbungskostenabzug ist daher nicht zu gewähren.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 23. November 2016 – X R 13/14
- ebenso BMF, Schreiben vom 19.08.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz 204[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 243, 287, BStBl II 2014, 58, Rz 21 ff.[↩]
- FG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.11.2013 – 4 K 1203/11[↩]
- BT-Drs. 15/3004, S.19[↩]
- vgl. auch dazu ausführlich BFH, Urteil in BFHE 243, 287, BStBl II 2014, 58, Rz 26 ff.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 243, 287, BStBl II 2014, 58, Rz 31[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 243, 287, BStBl II 2014, 58, Rz 34[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 19.10.1990 – III R 93/87, BFHE 162, 326, BStBl II 1991, 140, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 162, 326, BStBl II 1991, 140: Sterbegeldversicherung; Urteil vom 22.02.1996 – III R 7/94, BFHE 180, 298, BStBl II 1996, 413: Kapitallebensversicherung[↩]
- BFH, Urteil vom 14.03.1975 – VI R 63/73, BFHE 115, 357, BStBl II 1975, 632: steuerpflichtige Krankheitskostenerstattung[↩]
- BFH, Urteil vom 23.10.2013 – X R 33/10, BFHE 243, 332, BStBl II 2014, 103[↩]
- BFH, Urteil vom 01.10.2015 – X R 43/11, BFHE 251, 313, BStBl II 2016, 685[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 243, 287, BStBl II 2014, 58, Rz 68 ff.[↩]
- vgl. zu diesem in den Fällen des § 34 Abs. 2 EStG stets zu beachtenden Erfordernis BFH, Urteil vom 09.12 2014 – IV R 36/13, BFHE 248, 75, BStBl II 2015, 529, Rz 21, m.w.N.[↩]
- ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. BFH, Urteil vom 18.11.2009 – X R 34/07, BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, unter B.I. 2.b[↩]