Pfändungsschutz für private Rentenversicherungen nach § 851c Abs. 1 ZPO besteht grundsätzlich nur dann, wenn die dort unter den Nr. 1 bis 4 genannten Voraussetzungen kumulativ im Zeitpunkt der Pfändung vorliegen. Enthält der Vertrag, aus dem sich die gepfändeten Ansprüche ergeben, allerdings Bestimmungen, die einen späteren Eintritt der Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 Nr. 3 ZPO endgültig sicherstellen, greift der Pfändungsschutz ab diesem späteren Zeitpunkt ein.
Die Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO müssen für das Bestehen eines Pfändungsschutzes im Zeitpunkt der Pfändung kumulativ vorliegen1. Ist das nicht der Fall, besteht kein Anspruch auf Pfändungsschutz nach dieser Vorschrift. Insoweit kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Vertrag überhaupt Regelungen enthält, die die Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO betreffen. Maßgebend für die Gewährung von Vollstreckungsschutz nach dieser Vorschrift ist vielmehr, ob auch unter Berücksichtigung solcher vertraglichen Regelungen in ihrer konkreten Ausgestaltung im Zeitpunkt der Pfändung sicher gestellt ist, dass die Altersvorsorgefunktion der vertraglichen Leistungen gewährleistet ist.
Ein solches Verständnis der Vorschrift ist mit deren Wortlaut vereinbar. Dafür spricht ihr Zweck. Dieser liegt darin, Selbständigen, die anders als Arbeitnehmer oder Beamte keine öffentlich-rechtlichen Rentenleistungen beziehen, vor dem Hintergrund verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip)) den Erhalt existenzsichernder Einkünfte im Alter oder bei Berufsunfähigkeit zu sichern. Zugleich soll damit der Staat dauerhaft von Sozialleistungen entlastet werden2. Kann sich nach der Vertragslage eine Situation, der die Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO entgegenwirken wollen, und die darin besteht, dass der Schuldner Vermögenswerte zweckwidrig dem Gläubigerzugriff entzieht, nicht mehr verwirklichen, ist der Altervorsorgecharakter des Vertrages gesichert. Es besteht dann kein Grund, dem Schuldner den Pfändungsschutz zu versagen. Es wäre mit dem Gesetzeszweck nicht zu vereinbaren, wollte man den Schuldner auch dann noch auf staatliche Transferleistungen verweisen. Dem vom Gesetzgeber weiterhin verfolgten Zweck, einen Anreiz für die Schaffung privater Altersvorsorge zu schaffen2 würde damit tendenziell entgegengewirkt. Deshalb hindert es den Pfändungsschutz nicht, dass dem Schuldner hier vertraglich ein Kapitalisierungsrecht (vgl. § 851c Abs. 1 Nr. 4 ZPO) eingeräumt war; denn dieses Recht ist bereits drei Monate vor Beginn der vereinbarten Rentenzahlungen erloschen, bestand also zur Zeit der Pfändung nicht mehr.
Ähnlich verhält es sich mit der Beurteilung der Frage, ob das Bezugsrecht der Lebensgefährtin dem Pfändungsschutz nach § 851c Abs. 1 Nr. 3 ZPO entgegensteht. Solange das Bezugsrecht bestand, ist das der Fall. Es besteht jedoch kein Anlass, Pfändungsschutz auch für den Zeitraum zu verweigern, in dem das Bezugsrecht nach der vertraglichen Vereinbarung weggefallen ist. Ist der Vertrag von vornherein darauf angelegt, dass die Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO erst ab einem bestimmten Zeitpunkt vorliegen, so ist es nach Sinn und Zweck des Gesetzes geboten, den Pfändungsschutz ab diesem Zeitpunkt zu gewähren. Insoweit kann keine Rolle spielen, ob dieser Zeitpunkt bereits im Zeitpunkt der Pfändung erreicht ist. Vielmehr ist allein maßgebend, dass nach der getroffenen Vereinbarung der mit dem Gesetz verfolgte Zweck zu einem bestimmten Zeitpunkt eintritt. Unter der Voraussetzung, dass auch die übrigen Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO vorliegen, folgt daraus, dass Pfändungsschutz ab dem Zeitpunkt zu gewähren ist, zu dem das Bezugsrecht der Lebensgefährtin unwiderruflich entfallen ist.
Die vorstehenden Erwägungen stehen nicht in Wertungswiderspruch zur Regelung des § 167 VVG. Nach dieser Vorschrift kann der Versicherungsnehmer jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung der Versicherung in eine Versicherung verlangen, die den Anforderungen des § 851c Abs. 1 ZPO entspricht. Der Anspruch des Versicherungsnehmers auf diese Umwandlung seines Versicherungsvertrags soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur bestehen, wenn Rechte Dritter nicht entgegenstehen, insbesondere Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis nicht bereits gepfändet sind3. Dieses Hindernis besteht jedoch nicht, wenn die Endgültigkeit der Widmung der Versicherungsleistungen für die Altersversorgung des Schuldners aufgrund der Vertragslage bereits feststeht, wenn auch gegebenenfalls mit Wirkung erst ab einem späteren Zeitpunkt, ohne dass es einer Umwandlung bedarf.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. November 2010 – VII ZB 5/08




