Bei gleichzeitiger Verurteilung wegen einer vorsätzlichen und einer fahrlässigen Straftat ist der Kostenerstattungsanspruch des Versicherungsnehmers nach § 5 Abs.1 c ARB nicht nach dem Gewicht der Taten zu quoteln. Vielmehr führt eine am Wortlaut des § 2 i aa ARB1 orientierte Auslegung dazu, dass diese nur ausscheidbare Kosten erfasst, die bei der Verteidigung wegen des Fahrlässigkeitsdelikts nicht angefallen wären2.
Das Landgericht Freiburg teilt nicht die Ansicht, wonach § 2 i aa ARB den Forderungen des Transparenzgebotes widerspricht und schon deshalb unwirksam ist. Die Klausel ist zunächst einmal klar und auch aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers sofort verständlich. Die Schwierigkeit ergibt sich erst bei der Bestimmung der Höhe des zu erstattenden Betrages und nur, wenn zugleich eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen und wegen eines fahrlässigen Vergehens erfolgte; Kosten, die auf das eine und/oder das andere Vergehen entfallen, werden im Strafverfahren nicht gesondert ausgewiesen.
Eine Unklarheit entsteht schließlich vorliegend auch nicht, weil die Kosten erst nachträglich festgesetzt wurden. Die Kosten eines Strafverfahrens werden immer nach der Verurteilung in Rechnung gestellt, von eventuellen Verteidigervorschüssen abgesehen. Wenn der Rechtsschutzversicherer noch nicht alle Kosten bezahlt hat, kann er die Zahlung verweigern, soweit er sie nach § 2 i aa ARB zurückfordern kann.
Nach der Regelung in § 2 ARB umfasst der Versicherungsschutz vorliegend Strafrechtsschutz für die Verteidigung wegen des Vorwurfs eines verkehrsrechtlichen Vergehens. Dies meint alle Kosten, die im Strafverfahren anfallen, also auch Gerichtsgebühren und Auslagen.
Soweit in Rechtsprechung und Literatur bei gleichzeitiger Verurteilung wegen eines vorsätzlichen und wegen eines fahrlässigen Vergehens vertreten wird, den Kostenerstattungsanspruch des Versicherungsnehmers nach dem Gewicht der Taten zu quoteln3 folgt das Landgericht Freiburg dem nicht. Neben praktischen Anwendungsproblemen (würde man vorliegend bei den drei tatmehrheitlichen Vergehen allein auf die der Gesamtstrafe zugrundeliegenden Einsatzstrafen abstellen, hätte die Beklagte 5/8 der Kosten zu tragen: wie bei Tateinheit das Gewicht und damit eine Quote bestimmt werden sollte, ist unklar), lässt sich die zitierte Auslegung der Klausel nach Auffassung des Landgerichts nicht mehr mit deren Wortlaut vereinbaren, da dieser nicht auf die Schwere des strafrechtlichen Vorwurfs, sondern auf die für die Verteidigung wegen des Vorwurfs eines vorsätzlichen Verhaltens entstandenen Kosten abstellt.
Eine am Wortlaut orientierte Auslegung der Klausel führt vielmehr dazu, dass diese nur ausscheidbare Kosten erfasst, die bei der Verteidigung wegen der – vorliegend tatmehrheitlichen – beiden Vergehen der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs nicht angefallen wären4.
Solche Kosten hat im vorliegenden Verfahren der beklagte Versicherer trotz entsprechenden Hinweises nicht darlegen können. Das im Strafverfahren eingeholte (kostenträchtige) Gutachten hat zwar auch die Schuldfähigkeit des Klägers beim unerlaubten Entfernen vom Unfallort umfasst; ob das Gutachten hierdurch und wenn ja um wie viel teurer wurde, ist jedoch nicht dargetan. Kriterien für eine solche Bestimmung im Nachhinein sind vorliegend auch nicht zu erkennen. Welche sonstigen Kosten (etwa Zeugenentschädigungen, Gerichtsgebühren) lediglich im Zusammenhang mit der Verteidigung gegen die Vorsatztat entstanden sind, ist ebenfalls nicht vorgetragen oder offensichtlich.
Landgericht Freiburg, Urteil vom 6. Dezember 2012 – 3 S 147/12
- § 2 i aa ARB:
„… Wird rechtskräftig festgestellt, dass der VN das Vergehen vorsätzlich begangen hat, ist er verpflichtet, dem VR die Kosten zu erstatten, die dieser für die Verteidigung wegen des Vorwurfs eines vorsätzlichen Verhaltens getragen hat; …“[↩] - entgegen LG Duisburg RuS 1997, 117; AG Marl RuS 1997, 337; LG Karlsruhe RuS 1993, 66[↩]
- LG Duisburg RuS 1997, 117; AG Marl RuS 1997, 337 nach den gesetzlichen Strafrahmen; LG Karlsruhe RuS 1993, 66; Harbauer-Stahl, Rechtschutzversicherung, ARB 2000 § 2 Rn 277; Prölss/Martin-Armbrüster 28. Aufl., § 2 ARB 2008 Rn 47; wohl auch van Bühren/Plote, ARB, 2.Aufl., § 2 Rn 66[↩]
- so im Ergebnis Schneider ZfS 2008, 249, 250; Harbauer-Stahl, aaO Rn 261 a.E. – jeweils die nach Umstellung des Vorwurfes von Fahrlässigkeit auf Vorsatz entstandenen Kosten betreffend; vgl. auch den in § 305c Abs.2 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken[↩]